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Samstag, 3. April 2010
Martin Suter: der Koch

© Diogenes

Es hat ein bisschen gedauert bis ich "Der Koch" in die Finger bekommen habe, aber heute war endlich wieder ein "Suter-Tag".

Suters schon nicht mehr ganz so neuer Roman „Der Koch“ ist, das vorweg, nicht unbedingt das richtige Buch für den strengsten Fastentag im christlichen Kirchenjahr, wie ich mit knurrendem Magen festelle. Es wird nämlich, wie der Titel vermuten lässt, ausgiebig gekocht, und zwar tamilisch und molekular, was wirklich schön zu lesen und unglaublich appetitanregend ist. Maravan, ein Tamile in der Schweiz, kocht aphrodisierende Menüs, anfangs für verheiratete Paare im Rahmen einer Paartherapie, was sich mit seinem Glauben – er ist Hindu – noch vereinbaren lässt, später für Geschäftsmänner und ihre Gespielinnen, was seinen Überzeugungen eigentlich widerspricht.

So viel zur Essenz des Romans – der Rest ist eine Wanderung zwischen der bunten, warmen, weichen aber auch traditionsstarren Welt der (Exil-)Tamilen und dem Bürgerkrieg, der in ihrem Heimatland Sri Lanka tobt einerseits und der kühlen Welt „legal zwielichtiger“ Geschäftsmänner und Waffenhändler und ihres Lebenswandels andererseits. Als wären allein diese beiden politischen Faktoren nicht genug, spielt das ganze vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, was ja noch angemessen ist, aber auch nur dazu zu dienen scheint, am Anfang mancher Kapitel Statusmeldungen von Aktienkursen trocken zu berichten. Reicht das an „Up-to-date-ness“, reicht das, um einen „Roman am Puls der Zeit“ zu schreiben? Natürlich nicht, man muss schon auch noch Sturmtief Emma, die EM 2008, den Tsunami von 2004 und „Slumdog Millionaire“ und die Schweinegrippe erwähnen, um ein umfassendes Bild der Umstände zu kreieren.

Leider bleibt dabei auch noch die Story etwas lau, hier eine unerwiderte Liebe, da eine verbotene Liebe, dazwischen eine Menge Callgirls und kleinere Wirtschaftsskandale, der Schluss knapp aber immerhin angemessen unaufgeregt. Wären nicht diese wirklich schönen Szenen in diversen Küchen, in denen „Minichapatis mit Curryblätter-Zimt-Kokosöl-Essenz“ oder „Curry vom jungen Huhn auf Sashtika-Reis mit Korianderschaum“ zubereitet werden, hätte ich vielleicht nicht bis zum Ende durchgehalten. Dabei dachte ich vorher, dass genau diese kulinarischen Beschreibungen mich langweilen würden.

Auch stilistisch ist „Der Koch“ nicht schlecht, nur sah ich dank der oberflächlichen Handlung beim Lesen dauernd die Bilder einer deutschen Verfilmung fürs Privatfernsehen vor mir, für die dieser Roman, etwas umgeschrieben, leider besser taugt als für den ersten Platz der Bestsellerliste.


© Suhrkamp

Nicht unbedingt für die gleiche Zielgruppe geeignet aber dennoch wärmstens empfohlen sei dagegen „Die Anstalt der besseren Mädchen“ von Julia Zange, ein etwas abgedrehtes aber meiner Meinung nach realistisches Portrait der Mädchen von heute, jetzt als Taschenbuch im Suhrkamp Verlag erschienen.

Nicht abschrecken soll euch die etwas anstrengende Stimme der Autorin, die hier die ersten zehn Seiten ihres Buches vorliest – überhaupt ist zehnseiten.de ein tolles Projekt! Aber bevor mir jetzt noch mehr Themen einfallen erstmal: Gute Nacht!

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schon wieder Tocotronic: Video zu "Im Zweifel für den Zweifel"
...wobei der heutige Eintrag eher als Huldigung an Ingrid Caven zu verstehen ist. Die 1938 geborene Sängerin, Schauspielerin und Muse von Yves Saint Laurent spielt im Video die Hauptrolle, eine gealterte Diva mit Knacks und Alkoholproblem (und dennoch faszinierend schön). Ebenfalls Tocotronic-nah, wie gestern schon erwähnt, ist ihr Lied „Die großen, weißen Vögel“ - selbst eine Collage aus einem eigenen Song von Ingrid Caven und einem Ausschnitt aus Beethovens neunter Sinfonie - das seit einigen Jahren als "Abschiedslied" auf Tocotronic-Konzerten eingespielt wird.

In diesem Sinne: zwei fantastische Lieder zum Karfreitag und der sehr weltliche Wunsch, so stilvoll zu altern wie Ingrid Caven.

"Im Zweifel für den Zweifel" - das Video gibt's hier
und die großen weißen Vögel gleich hier:

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